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  • Arthouse Tacheles

  • Adresse:
  • Oranienburger Str. 54 - 56 a
  • PLZ / Ort:
  • 10117 | Berlin
  • Telefon:
  • 030/28096125
Arthouse Tacheles
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TACHELES
- eine Geschichte

die Kunstruine in Berlin – Mitte

· Produktions- und Präsentationsraum für aktuelle Kunst

· Architekturdenkmal mit historischer Bedeutung

· selbstbestimmtes kollektives Experiment

· international vernetzter kultureller Austausch

· Haus für Veranstaltungen und kreative Prozesse


"Über die Jahre seiner Existenz ist das Kunsthaus Tacheles zu einem komplexen Gesamtkunstwerk gewachsen. Dafür spricht, dass weit über Berlin hinaus das Kunsthaus Tacheles ein Symbol für die Situation des wiedervereinigten Berlins und den Aufbruch in eine frische, von merkantilen Gesichtspunkten weitgehend befreite künstlerische Gegenwart geworden ist. Das Kunsthaus Tacheles steht als Teil des Images eines neuen, um Profil ringenden, künstlerisch freien Berlins international deutlich da.

Die Arbeit der Künstlerinnen und Künstler über die Jahre ist selbstverständlich, wie bei selbstverwalteten und –initiierten Projekten leicht verständlich, nicht frei von Widersprüchen. Indes sind solche organisatorischen Probleme und die Fragen der Verfassung des Hauses eher zweitrangig zu sehen: neben dem enormen Zugewinn an künstlerischer Potenz und an der Deutlichkeit mit der die Institution auf einen Gegenpol zur bestehenden herrschenden und institutionalisierten Kultur zielt, ist doch das Kunsthaus Tacheles selbst, wie es die Betreiber einmal formuliert haben, Versuchs-anordnung, quasi Kunst-Labor und damit sowohl Gehäuse wie auch Gegenstand künstlerischen Handelns. Tacheles hat eine Struktur und ein Gehäuse, beide ergänzen und durchdringen einander, und für die Zukunft des Tacheles muß diese Konstruktion zunächst gewährleistet sein. Alternativen sind nicht einfach durch Bereitstellung von Räumen herzustellen, sondern das Tacheles selbst in seiner spezifischen Konstruktion und kunststrategischen Lage ist ein Ort, der die Entwicklung von Berlin - Mitte bislang sichtbar mitbestimmt und profiliert hat.

Der Aspekt des Gesamtkunstwerkes ist in der bisherigen Diskussion meines Erachtens völlig unzureichend berücksichtigt worden. So wie das Tacheles die Zentrierung internationaler, junger, experimenteller und fließender Kunstformen auf Berlin - Mitte befördert hat, so ist es in der heutigen Situation auch als Punkt der Auseinandersetzung weiterhin lebender Teil eines gesamtkünstlerischen Prozesses. Das Tacheles muß erhalten bleiben, um die Prozesse weiterführen zu können und zu Lösungen bringen zu können, die künstlerisch angelaufen sind.

Das Gesamtunternehmen Tacheles als Kunstwerk könnte nicht von der Bildfläche verschwinden, ohne gleichzeitig ein Riesenloch und einen erheblichen Verlust im schwachen Gefüge der zeitgenössischen Berliner Kunstsituation zu hinterlassen. Das Tacheles ist Teil der Berliner kreativen und experimentellen Kunstgegenwart.“

Prof. Dr. Ulrich Krempel, Leiter des Sprengel-Museums Hannover, Mai 97





Geschichte 1909- 1990:

Friedrichstraßenpassage

Unter der Leitung des kaiserlichen Baurates Franz Ahrens wurde 1909 das „Passage-Kaufhaus“, die sogenannte Friedrichstraßenpassage, fertiggestellt, welche die Friedrichstraße mit der Oranienburger Straße verband. Sie war nach der Kaiserpassage zwischen Friedrichstraße und Unter den Linden die zweite große Passage in Berlin. Da die Kaiserpassage 1944 durch Luftangriffe restlos zerstört wurde, stellt der erhaltene Flügel der Friedrichstraßenpassage an der Oranienburger Straße das einzige bewahrte Zeugnis der Berliner Passagenarchitektur um die Jahrhundertwende dar.

Die Passage wurde gebaut im Auftrag einer Aktiengesellschaft von Einzelhändlern, die sich im Wettbewerb mit dem Warenhaus den Vorteil räumlicher Konzentration sichern wollte. Die Friedrichstraßen-passage ist eine der frühesten Stahlbetonkonstruktionen Europas. Die Fassaden enthalten gotische und klassische Anleihen, die bau-technische Eigenheit besteht darin, daß die Fassade und das konstruktive Stahlskelett statisch unabhängig voneinander und funktional unverbunden sind. Sie besaß eine der größten Stahlbetonrippenkuppeln Europas und ist insgesamt Ausdruck der beginnenden Moderne. Ein eigenes Beförderungs- und Rohrpostsystem gehörte unter anderem zur modernen Innenausstattung. Vor Ausbruch des ersten Weltkrieges wurde die „Kathedrale der Waren“ zwangsversteigert.(Lit.: Berlin und seine Bauten, Teil VIII, Bd. A, Berlin München, Düsseldorf 1978)



AEG – Haus der Technik

1928 übernahm die AEG den Passagenkomplex und nutzte ihn als „Haus der Technik“ für Ausstellungen und Produktpräsentationen. Sinn der Zusammenfassung der verschiedenen technischen Verkaufszweige der AEG war es, den Verbraucher aus Industrie, Handel und Gewerbe auf allen Gebieten der Elektrifizierung umfassend beraten zu können. Die Präsentation der verschiedenen Produkte der AEG erfolgte in den Schauräumen des ehemaligen Kaufhauses und im Kuppelraum, wo auch Filmvorführungen statt fanden.

Ein Höhepunkt dieser Etappe in der langen Geschichte des Hauses ereignete sich Ende der 30erJahre: aus dem Haus der Technik erfolgte die erste Fernsehübertragung der Welt.



Nationalsozialismus und 2. Weltkrieg

Seit der Machtübernahme der NSDAP wurden zunehmend Räume im Haus der Technik von verschieden Parteimitgliedern belegt. Ab Mitte der 30erJahre residierte hier das Organisationsbüro der DAF („Deutsche Arbeiterfront“) für den „Gau Kurmark“, eines Kernteils der Mark Brandenburg. Die Organisation der DAF bemühte sich in den Arbeitsgebieten: Berufserziehung, Betriebsführung, Betriebskultur (mit dem Amt „Schönheit der Arbeit“) , und Siedlungswesen sowie durch das Großarbeitsgebiet FdF („Kraft durch Freude“) im Freizeitbereich um die Ausrichtung und Erziehung von Betriebsbelegschaften im Sinne der NS-Ideale und Zielsetzungen. 1941 wurde die DAF Eigentümerin des Gebäudes und im gleichen Jahr erhielt zusätzlich die SS-Dienststelle „Zentralbodenamt“ dort ihren Sitz.

Während des Krieges wurde im Hause weiter produziert und geplant. Inwieweit diese Tätigkeit im Zusammenhang mit der Rüstungsproduktion stand, ist nicht mehr nachvollziehbar – angesichts der allgemeinen Produktionstätigkeit im Berlin dieser Jahre jedoch zumindest wahrscheinlich. Diese Vermutung wird zudem unterstützt durch die Tatsache, daß im Dachgeschoß des Hauses 1943 französische Kriegsgefangene untergebracht wurden. Dies hat bis in die Gegenwart hinein Spuren hinterlassen. Denn um Fluchtversuche der Gefangenen zu vereiteln, wurden die meisten Dachoberlichter geschlossen und die dazugehörigen Dachreiter entfernt. Bei den Rückzugsgefechten der letzten Kriegshandlungen fluteten die Nazis den zweiten Tiefkeller, der seither unter Wasser steht.



DDR bis zur Wende

1948 ging das HAUS DER TECHNIK in das Eigentum des FDGB über. Durch den Mauerbau und die damit verbundene politisch-soziale Teilung der Stadt, getrennt von der Mutterfabrik der AEG, dämmerte es nun jahrzehntelang als kolossale Ruine in der Ostberliner Innenstadt vor sich hin. Die Passagentrakte teilweise aufgerissen, die Dächer stark bewachsen, verrottete es in zunehmendem Maße. Zwischennutzungen einzelner Gebäudeteile belebten das Haus zeitweise. Im Erdgeschoß der Friedrichstraßenfront zogen Läden ein, im Passagentrakt und in einigen Obergeschossen ließ sich ein Reisebüro nieder.

Der Bauteil Oranienburger Straße wurde genutzt durch das Filmtheater CAMERA, die Fachschule für Außenwirtschaft sowie durch die Bezirksdirektion mit angeschlossenen Seminarräumen, die Artistenschule der DDR. Im Tresorkeller wurde eine Einheit der Nationalen Volksarmee untergebracht. Zwei Statik-gutachten aus den Jahren 1969 und 1977 legten den Abriss nahe, obwohl das Gebäude im Krieg nur mittelschwer durch Spreng- und Brandbomben beschädigt wurde. Im Zuge der Friedrichstraßenplanung sollte eine neue Straße das Gebiet der Passage durchbrechen.

Anfang der 80er Jahre kam es zu Sprengaktionen in mehreren Etappen; stehen blieb nur der heutige Restflügel. Er sollte im April 1990 beseitigt werden.



Rettung der Ruine durch TACHELES

Am 13. Februar 1990 besetzte die Künstlerinitiative Tacheles die Ruine. Verhandlungen mit dem Rechtsträger, der Baudirektion Berlin-Mitte wurden aufgenommen. Tacheles forderte den sofortigen Stopp der bereits eingeleiteten Abrissvorbereitung, der Denkmalverdacht wurde offiziell angemeldet. Dennoch kam es zum Magistratsbeschluß 150/90 über den Abriss des Objektes Haus der Technik Teil B. Der Sprengtermin wurde auf den 10.4.1990 festgesetzt. Daraufhin brachte Tacheles in letzter Minute einen Dringlichkeitsantrag in den „Runden Tisch Berlin“ ein. Durch ein einstimmiges Veto der vertretenen Bürgerrechtsparteien wurde ein Aufschub dieser Entscheidung erwirkt.

Die Künstlerinitiative beauftragte die Erstellung neuer Gutachten über den Zustand des Gebäudes. Im Mai 1990 lagen die Ergebnisse von Materialprüfungen zur Bestimmung von Bausubstanz und Statik vor. Die Auswertungen übertrafen mit dem positiven Ergebnis alle Erwartungen. Daraufhin wurde das Haus unter vorläufigen Denkmalschutz gestellt, nach erneuter Überprüfung wurde am 18.2.1992 die Denkmalwürdigkeit bestätigt.

1997 wird vom Denkmalamt eine Bestandsaufnahme der vorhandenen Ausstattungsteile aus der Erbauungszeit sowie der künstlerischen Einbauten durch Tacheles, wie z.B. der Eingangstür in der dritten Etage, durchgeführt.



„TACHELES“ reden

TACHELES ist jiddisch und bedeutet Klartext reden, sich offenbaren, sich erklären, jemandem seine Meinung sagen; hebräisch: ein Ziel verfolgen, sich bewahrheiten oder etwas auf den Punkt bringen.

Die Idee entstand zu DDR-Zeiten, als freie künstlerische Betätigung mit politischer Verfolgung und staatlicher Kontrolle geahndet wurde. Eine Gruppe von Musikern gab sich den programmatischen Namen „Tacheles“.

„Wir wollten endlich die zweideutigen Metaphern der Songs sprengen, gnadenlos und glasklar unsere Ideen wiedergeben. Den doppelzüngigen Diskurs wollten wir bekämpfen.

Die DDR hatte einen besonderen Unterdrückungsmechanismus entwickelt, er war besonders geistiger Natur, selten physisch, sondern vom Intellekt ausgehend. Das machte ihn umso gefährlicher, wegen der seelischen Zerstörung der Personen, die ihm ausgesetzt waren.

Sehr wenige trauten sich, offen ihre wahre Meinung zu äußern, oft wurde alles nur angedeutet, suggeriert, angespielt. Das war auch hauptsächlich in der Kunst der Fall, in der Literatur, in den Filmen, in der Musik und auch in der Malerei und im Theater.

"Diesen Status quo wollten wir endlich brechen. Das war unser politisches Anliegen, und ich glaube, wir haben es teilweise erreicht. Das gelang uns vor allem, weil damals in der DDR die gesprochene Kritik am System so viel Gewicht hatte. Das Wort konnte eine derartig scharfe Waffe sein, daß es am richtigen Ort und zur richtigen Zeit großen Aufruhr erzeugte." (Zitat aus der Abschlussarbeit „Die Entstehung der Tacheles-Bewegung“ von Rafael Insunza Figueroa, Universidad Metropolitana de Ciencias de la Educacion, Santiago de Chile, Juli 1995).



www.tacheles.de
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